Schulterschmerzen beim Surfen

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Schulterschmerzen beim Surfen vermiesen dir die Session oder halten dich ganz vom Surfen ab? Damit bist du nicht allein, denn die Schultern sind bei Surfern besonders häufig von Schmerzen betroffen. In diesem Beitrag erfährst du, wie Schulterschmerzen beim Surfen entstehen und was du gegen die Beschwerden tun kannst. Für diesen Artikel habe ich mich mit dem surfenden Sportorthopäden Dr. med. Ulf Schlierenkämper vom Surfmedizin e.V. zusammengetan.

Wie häufig sind Schulterschmerzen beim Surfen?

Die Häufigkeit chronischer Schulterbeschwerden bei Surfern liegt je nach Studie bei 10 – 27 % (1). Damit sind die Schultern eine der beiden großen Problemzonen bei Surfern – nur die Lendenwirbelsäule macht genauso häufig Ärger.

Ein Surfer surft eine linke Welle. Um in Lineup zu können, muss er anschließend wieder ordentlich paddeln. Schulterschmerzen beim Surfen können hier ein großes Problem sein.
Bild: Unsplash

Wie entstehen Schulterschmerzen beim Surfen?

Schulterschmerzen treten bei Surfern häufiger auf als bei anderen Sportlern. Die Mehrheit der Schulterschmerzen wird dabei nicht durch akute Verletzungen, sondern durch Überlastung verursacht. Kein Wunder, denn in Studien konnte gezeigt werden, dass Surfer 44 – 61 % der Zeit im Wasser mit Paddeln verbringen (2, 3, 4). Das Paddeln macht Surfen aus sportmedizinischer Sicht zu einem Überkopfsport. Die Konsequenz: Die Schultern machen vielen Surfern echte Probleme. Wegen der typischen Beschwerden spricht man sogar von der Surfer-Schulter.

Doch wie genau entsteht die Surfer-Schulter?

Mit diesem Thema hat sich ein internationales Expertenteam in einer Übersichtsarbeit auseinandergesetzt (5). Darin wurden mehrere Erklärungsansätze für Schulterschmerzen beim Surfen zusammengetragen: muskuläres Ungleichgewicht, Enge unter dem Schulterdach und externe Faktoren.

Für alle besonders interessierten geben die folgenden Abschnitte eine kurze Übersicht über die Details der Krankheitsentstehung.

Muskuläres Ungleichgewicht

Beim Paddeln auf dem Surfboard werden vor allem die Muskeln beansprucht und trainiert, die den Oberarmkopf im Schultergelenk nach innen drehen und nach vorne ziehen. Besonders wichtige Muskeln sind dabei der M. latissimus dorsi, Mm. pectoralis major und minor und der M. subscapularis. Diese Muskeln neigen in der Folge dazu, zu verkürzen. Die Außenrotatoren werden hingegen weniger beansprucht. 

Dadurch entsteht bei Surfern auf Dauer ein muskuläres Ungleichgewicht der Muskulatur des Schultergürtels. Dieses Ungleichgewicht mit relativer Schwäche der Außenrotations-Muskeln scheint auf der nicht dominanten Seite (bei rechtshändigen Menschen links) besonders ausgeprägt zu sein (6, 7).

Die Folge: Haltungs- und Bewegungsstörungen im Schultergelenk und zwischen Schulterblatt und Brustkorb. Diese Haltungs- und Bewegungsstörungen können wiederum zu muskulären Schmerzen oder Gelenkschmerzen führen.

Durch muskuläre Ermüdung im Rahmen einer langen Session kann dieses Ungleichgewicht zusätzlich verstärkt werden.

Enge unter dem Schulterdach

Beim Paddeln auf dem Surfboard kommt es immer wieder zu Überkopfbewegungen. Hierdurch kann es zu einer Enge unter dem Schulterdach und einem Versatz des Oberarmkopfs gegenüber der Schultergelenkspfanne nach vorne kommen. Dadurch können empfindliche Strukturen zwischen Oberarmkopf und Schulterdach wiederholt eingeengt werden und eine schmerzhafte Reizung der eingeengten Strukturen kann entstehen. Langfristig können die eingeengten Strukturen durch den wiederkehrenden Stress sogar geschädigt werden. Ein Beispiel hierfür sind Schäden an der sogenannten Rotatorenmanschette. 

Durch eine unzureichende Streckung in der Brustwirbelsäule können diese Probleme verstärkt werden.

Externe Faktoren

Als externer Faktor wird vermutet, dass Wetsuits das Risiko für Schulterschmerzen vergrößern können. Zwei Studien hatten zuvor festgestellt, dass das Tragen eines Wetsuits die Aktivität der Schultermuskulatur beeinflusst. Durch eine raschere Ermüdung mit Wetsuit könnte ein muskuläres Ungleichgewicht früher Probleme machen und es könnte leichter zu Fehlhaltungen im Schultergelenk kommen (8).

Dieser Surfer trägt wegen des kalten Wassers einen dicken Neoprenanzug. Wetsuits können Schulterschmerzen beim Surfen begünstigen.
Dicke Neoprenanzüge können das Risiko für Schulterschmerzen vergrößern. Bild: Unsplash

Was tun bei Schulterschmerzen beim Surfen?

Wichtig zu wissen: Schulterschmerzen beim Surfen können auch völlig unabhängig vom Surfen sein und manchmal sogar eine gefährliche Ursache haben! 

Bei einigen Warnzeichen ist bei Schulterschmerzen daher eine sofortige ärztliche Vorstellung notwendig. Dazu gehören unter anderen: 

  • Neu aufgetretene Schulterschmerzen und gleichzeitig Fieber/Schüttelfrost/allgemeines Krankheitsgefühl
  • Rötung/Schwellung/Überwärmung der Schulter
  • Taubheitsgefühl oder Bewegungsausfälle im Bereich der Schulter oder des Arms
  • Schmerzen oder Engegefühl, das von der Brust in die linke Schulter oder den linken Arm strahlt

Auch wenn diese Warnzeichen nicht vorliegen, ist es sinnvoll, bei Schulterschmerzen ärztliche oder physiotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Durch eine gründliche Befragung und körperliche Untersuchung kann die wahrscheinlichste Ursache der Schulterschmerzen herausgefunden werden. Je nach Ergebnis der ersten Untersuchung können bildgebende Verfahren ergänzt werden (Ultraschall, Röntgenbild, MRT oder CT). Gelegentlich kann eine Blutuntersuchung notwendig sein.

Wenn keine andere Ursache gefunden wird, liegt wahrscheinlich eine Surfer-Schulter vor. 

Dann können Übungen zuverlässig dabei helfen, die lästigen Schmerzen loszuwerden und zukünftigen Schulterschmerzen vorzubeugen.

Starke Schulterschmerzen können dir den perfekten Surfurlaub vermiesen. Bild: Unsplash

Übungen gegen Schulterschmerzen beim Surfen

Übungen im Surfurlaub

Während des Surfurlaubs sollte der Fokus vor allem auf ein gutes Aufwärmen vor der Session und die Entspannung und Regeneration der beanspruchten Muskulatur nach der Session gelegt werden. Sollten die Übungen zu Schmerzen führen, sollten sie nicht weiter durchgeführt werden und medizinische Unterstützung gesucht werden. 

Aufwärmen für die Schulter

Zu einem guten Aufwärmprogramm zur Vorbeugung von Schulterschmerzen gehören: 

  • Aktivierung der Schultermuskulatur (insbesondere der Rotatorenmanschette) und der Schulterblattmuskulatur
  • Lockere Dehnung der verkürzten Schulter-Muskulatur (meistens Innenrotations-Muskeln) 
  • Aktivierung und Mobilisierung der Brustwirbelsäule. 

Dabei kommt es nicht darauf an, das perfekte Aufwärmprogramm durchzuführen, sondern sich konstant vor jeder Session kurz aufzuwärmen – besser kurz als gar nicht. 

Cris Mills von surfstrengthcoach.com hat einen Beitrag zum Thema Shoulder Warmup auf seiner Website veröffentlicht. Ich finde sein Video für ein kurzes Ganzkörper Warmup super – vor allem wenn die Wellen zu gut aussehen, um sich ausgiebig aufzuwärmen.

Credit: Cris Mills von surfstrenghtcoach.com

Schulter-Programm nach dem Surfen

Ziel eines Schulter-Programms nach dem Surfen sollte es sein, Verkürzungen vorzubeugen und eine schnelle Regeneration der Muskulatur zu ermöglichen.  Dafür bieten sich vor allem Faszienbälle und Dehnübungen an. Besonders wichtig sind dabei die häufig besonders strapazierten Innenrotations-Muskeln, zum Beispiel M. pectoralis minor, M. latissimus dorsi und M. subscapularis.

In diesem Video kannst du dir Inspiration für Übungen ansehen, die sauber ausgeführt für die meisten Surferinnen und Surfer effektiv und sicher sind. Sie sind auch außerhalb des Surftrips super geeignet, um die Beweglichkeit deiner Schultern langfristig zu erhalten und zu verbessern.

Credit: Cris Mills von surfstrenghtcoach.com

Übungen zur Vorbeugung von Schulterschmerzen beim Surfen

Um Schulterschmerzen beim Surfen langfristig vorbeugen zu können, kannst du ein regelmäßiges Training in den Alltag integrieren. Ausdauerkraft sollte dabei einen größeren Stellenwert als Maximalkraft einnehmen.

Die wichtigsten Trainingsziele sind:

  • Ausgleich von muskulären Ungleichgewichten, vor allem durch Training der Außenrotations-Muskeln
  • Muskuläre Stabilisierung des Schultergelenks, vor allem durch Training der Muskeln der Rotatorenmanschette und der Schulterblattmuskulatur
  • Verbesserung der Brustwirbelsäulenstreckung durch Training der Streckmuskulatur

Im Idealfall sollte zu Beginn eine Anleitung einschließlich Haltungs- und Bewegungsschulung durch eine Physiotherapeutin oder eine Phystiotherapeuten erfolgen.

Dieses Krafttraining kombinierst du am besten mit den Mobilitätsübungen weiter oben im Text.

Paddeltechnik zur Vorbeugung von Schulterschmerzen

Egal, ob du Beschwerden hast oder nicht – mit einer korrekten Paddeltechnik kannst du das Risiko für Schulterschmerzen durchs Surfen verringern. Beim „ruhigen“ Paddeln solltest du darauf achten, dass deine Arme während des Zugs im Ellenbogen annähernd gestreckt bleiben. Außerdem solltest du bewusst auf die Aktivierung der Muskulatur um deine Schulterblätter achten. So verhinderst du einen übermäßigen Einsatz der Innenrotations-Muskeln und stabilisiert dein Schultergelenk. Beim „Sprint“ Paddeln ist es natürlich erlaubt die Arme zu beugen, um richtig Gas zu geben.

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Schulteroperationen und Surfen

Manchmal kommt es bei Surferinnen oder Surfern durch eine akute Verletzung oder chronische Überlastung zu Verletzungen, die eine Operation notwendig machen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn Verletzungen durch eine Sportpause und Physiotherapie nicht heilen können. Konkret sollte die Entscheidung, ob eine Operation notwendig ist, gemeinsam mit einer Fachärztin oder einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit ausreichend Erfahrung in der Schulterchirurgie getroffen werden und hängt sehr vom Einzelfall ab. Dank moderner sportorthopädischer Operationsverfahren sind diese Schulteroperationen in vielen Fällen sehr erfolgreich und häufig vergleichsweise schonend. 

Wann kann ich nach einer Schulteroperation wieder surfen?

Sollte eine Schulteroperation notwendig sein, stellt sich natürlich die Frage: Wann kann ich nach einer Schulteroperation wieder surfen?

Diese Frage lässt sich pauschal leider nicht beantworten, da dies sehr abhängig von der notwendigen Schulteroperation ist, die wiederum von der individuellen Verletzung abhängt. Bisher gibt es fast keine Studien für Schulteroperationen bei Surfern. Um diese Frage trotzdem zu beantworten, können wir auf die Forschungsergebnisse aus einer verwandten Sportart zurückgreifen. Denn bei Schwimmern konnte gezeigt werden, dass selbst nach komplexen Operationen wie Sehnenrekonstruktionen fast alle Betroffenen den Sport wieder ausführen konnten (97%).

Die gute Nachricht für Surfer: Nach einer Schulteroperation war Kraulschwimmen sogar schneller als Brustschwimmen wieder durchführbar. Die Schlechte: Es kann bis zu einem Jahr dauern, bis Betroffene wieder fit fürs Wasser sind (9, 10). 

Das zeigt, dass Surferinnen und Surfer selbst nach größeren Schulterverletzungen dank moderner Operationsverfahren vermutlich nur in Ausnahmefällen nicht mehr surfen können. Allerdings können Schulteroperationen lange Surfpausen nach sich ziehen. Es lohnt sich also, etwas Zeit in die Vorbeugung von Verletzungen zu investieren, um das Risiko einer ernsthaften Verletzung deutlich zu reduzieren und so eine Operation von vornherein möglichst zu verhindern (11). 

Vielen Dank an Ulf Schlierenkämper für seinen Beitrag zu diesem Artikel. Ich habe bereits ein spannendes Interview mit ihm über sportorthopädische Probleme beim Surfen und den Surfmedizin e.V. geführt. Für Surferinnen und Surfer, die einen guten Sportorthopäden in Köln und Umgebung brauchen: Ulf ist Oberarzt in der Sportorthopädie am St. Franziskus-Hospital in Köln.

Quellen

1) Furness J, Hing W, Abbott A, Walsh J, Sheppard JM, Climstein M. Retrospective analysis of chronic injuries in recreational and competitive surfers: injury location, type, and mechanism. Int J Aquat Res Educ. 2014;8:277–287. 

2) Secomb JL, Sheppard JM, Dascombe BJ. Time-motion analysis of a 2-hour surfing training session. Int J Sports Physiol Perform. 2015;10:17–22.

3) Farley ORL, Secomb JL, Raymond ER, Lundgren LE, Ferrier BK, Abbiss CR, et al. Workloads of competitive surfing. J Strength Cond Res. 2018;32:2939–2948. 

4) Farley ORL, Harris NK, Kilding AE. Physiological demands of competitive surfing. J Strength Cond Res. 2012;26:1887–1896.

5) Langenberg LC, Vieira Lima G, Heitkamp SE, Kemps FLAM, Jones MS, Moreira MAAG, Eygendaal D. The Surfer’s Shoulder: A Systematic Review of Current Literature and Potential Pathophysiological Explanations of Chronic Shoulder Complaints in Wave Surfers. Sports Med Open. 2021 Jan 6;7(1):2. 

6) Furness J, Schram B, Cottman-Fields T, Solia B, Secomb J. Profiling shoulder strength in competitive surfers. Sport. 2018;1:E52.

7) Madeira M, Nobre P, Costa T, Almeida V, Paulo Sousa J, Pereira ÂM. Isokinetic profile of the shoulder internal and external rotators in surfers. Ann Med. 2019;51(sup1):218. 

8) Nessler JA, Silvas M, Carpenter S, Newcomer SC. Wearing a wetsuit alters upper extremity motion during simulated surfboard paddling. PLoS One. 2015;10(11):1. 

9) Shimada Y, Sugaya H, Takahashi N, Matsuki K, Tokai M, Morioka T, Ueda Y, Hoshika S, Hamada H, Inoue S, Hashimoto E, Ochiai N. Return to Sport After Arthroscopic Rotator Cuff Repair in Middle-Aged and Elderly Swimmers. Orthop J Sports Med. 2020 Jun 17;8(6):2325967120922203. 

10) Bak K. The practical management of swimmer’s painful shoulder: etiology, diagnosis, and treatment. Clin J Sport Med. 2010 Sep;20(5):386-90

11) Nathanson A, Bird S, Dao L, Tam-Sing K. Competitive surfing injuries: a prospective study of surfing-related injuries among contest surfers. Am J Sports Med. 2007;35:113–7.