Surfers Ear – Wie kaltes Wasser deinen Ohren schadet

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Hartnäckiges Wasser im Ohr, Ohrenschmerzen oder schlechtes Hören gehören für dich zum Surfen dazu? Dann nimm dir die Zeit, diesen Beitrag zu lesen. Denn hier erfährst du alles über das Surfers Ear und wie du ihm vorbeugen kannst.

Du bist jetzt gerade im Surfurlaub und hast Ohrenschmerzen? Ob du trotzdem surfen kannst, erfährst du in meinen Beitrag über die häufigste Ursache von Ohrenschmerzen bei Surfern.

Kurze Ohr-Anatomie

Die Anatomie des Ohres ist für das Verständnis wichtig. Von außen nach innen hat das Ohr drei wesentliche Anteile: Außenohr, Mittelohr und Innenohr.

Das Außenohr fängt mit der Ohrmuschel und dem äußerem Gehörgang wie ein Trichter die Schallwellen auf. Meerwasser kann ungehindert in den äußeren Gehörgang hineinlaufen. Das Außenohr ist durch das Trommelfell vom Mittelohr getrennt.

Im Mittelohr findet über die kleinen Gehörknöchelchen eine Verstärkung der Schallwellen statt. Das Trommelfell ist eine natürliche Barriere. Deshalb kann Meerwasser normalerweise nicht ins Mittelohr eindringen. Das ist wichtig, weil Meerwasser im Mittelohr schwere Infektionen auslösen kann. Das Mittelohr ist wiederum durch eine zweite Membran vom Innenohr getrennt.

Im flüssigkeitsgefüllten Innenohr findet die Umwandlung der mechanischen Schwingungen in elektrische Signale statt. Diese werden dann in das Gehirn weitergeleitet.

Die Veränderungen beim Surfers Ear spielen sich im Außenohr ab. Also dort, wo ungehindert Meerwasser hingelangt.

Die Anatomie des Ohrs mit Außenohr, Mittelohr, Innenohr. Das Surfer Ohr entsteht im inneren, knöchernen Teil des äußeren Gehörgangs.
Von Lars Chittka; Axel Brockmann – Perception Space—The Final Frontier, A PLoS Biology

Was ist das Surfers Ear?

Der medizinische Ausdruck für das Surfers Ear lautet „Gehörgangsexostose“.

Beim Surfers Ear entsteht Knochengewebe an mehreren Stellen im äußeren Gehörgang.

Diese neuen Knochenanbauten befinden sich tief im äußeren Gehörgang, deshalb kannst du sie nicht sehen. Auf den Bildern kannst du sehen, wie ein gesunder und ein veränderter äußerer Gehörgang bei einer Ohrspiegelung aussehen.

Gerade in surfverrückten Nationen mit kaltem Wasser, wie Südafrika oder Kalifornien, haben sich manche Ärzte rein auf die Behandlung des „Surfers Ear“ spezialisiert. Wie der Name schon sagt: Wir Surfer gehören zur Hochrisikogruppe.

Gesunder äußerer Gehörgang in Gehörgangsspiegelung ohne Gehörgangsexostosen. Kein Surfers Ear.
Äußerer Gehörgang mit glatter Wand ohne Hinweis auf ein Surfers Ear
Bild: Didier Descouens
Äußerer Gehörgang in Gehörgangsspiegelung mit mehreren Gehörgangsexostosen bei fortgeschrittenem Surfers Ear
Mehrere Knochenanbauten im äußeren Gehörgang bei einem fortgeschrittenen Surfers Ear
Bild: Didier Descouens

Wie entsteht ein Surfers Ear?

Die genaue Ursache für das unnatürliche Knochenwachstum ist noch nicht abschließend geklärt. Wir wissen aber: Kaltes Wasser im äußeren Gehörgang kann die Erkrankung auslösen und die Knochenanbauten immer weiter wachsen lassen.

Die Entstehungsrisiken für ein Surfers Ear lassen sich sehr gut anhand einer spannenden neuseeländischen Studie nachvollziehen (1). Ich habe mir diese Studie für dich genauer angeschaut. Es wurden insgesamt 92 Surfer und „surf life saver“ untersucht. Bei 74 % dieser Studienteilnehmer konnten unnatürliche Knochenanbauten nachgewiesen werden. Bei 40% war der äußere Gehörgang sogar bereits um 50% oder mehr zugewachsen. Besonders spannend: Die Wahrscheinlichkeit für ein Surfers Ear war bei Surfern auf der kalten Südinsel Neuseelands und bei Surfern, die auch im Winter surfen, bedeutend höher, als bei sommerlichen Nordinsel Surfern. Außerdem wurde festgestellt, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Surfers Ear umso größer war, je länger der einzelne Studienteilnehmer bereits surfte. Diese Beobachtungen konnten durch weitere Studien gestützt werden (2,3).

Leider können wir uns nicht wie die Kiwi Surfer jeden Tag in kalte Pazifikwellen stürzen. Deshalb dürfte die Häufigkeit bei uns deutschen Surfern geringer ausfallen. Trotzdem besuchen wir in unseren Surfurlauben eher Coldwater Spots. Daher solltest du das Risiko, an einem Surfer Ohr zu erkranken, nicht unterschätzen.

Was heißt das jetzt konkret für dich?

Dein persönliches Risiko für ein Surfers Ear hängt vor allem von zwei Dingen ab: Wie lange du schon surfst und ob du häufig in kaltem Wasser surfst.

Übrigens – deine persönliche Lebens-Surf-Zeit wird in Surf Years gemessen. Damit du deine persönlichen Surf Years ganz einfach ausrechnen kannst, hat Surfing Medical International (SMI) den Surf Years Calculator entwickelt. Du kannst die App hier herunterladen.

Auch in Frankreich ist das Wasser kalt genug, um ein Surfers Ear entstehen zu lassen.

Welche Beschwerden macht ein Surfers Ear?

Zu Beginn merkst du von den Knochenanbauten nichts.

Je größer die Knochenanbauten werden, desto kleiner und unregelmäßiger wird dein Gehörgang. Deshalb kann das Meerwasser nicht mehr so gut abfließen und verunreinigtes Wasser bleibt nach der Session im Gehörgang stehen. Allein das Gefühl, ständig Wasser im Ohr zu haben kann schon sehr störend sein.

Außerdem wird dadurch wird das Auftreten von Außenohrentzündungen begünstigt. Ein frühes Zeichen des Surfer Ears sind daher störende Ohrenschmerzen durch wiederkehrende Außenohrentzündungen.

Irgendwann kommt es sogar zur Einschränkung des Hörvermögens, weil der äußere Gehörgang zuwächst oder verstopft.

Was tun bei einem Surfers Ear?

Spätestens, wenn das Surfers Ear so weit fortgeschritten ist, dass es gehäuft zu Außenohrentzündungen kommt oder sogar das Hörvermögen eingeschränkt ist, solltest du einen HNO-Arzt aufsuchen.

Es bleibt meist nur die operative Behandlung. Bei einer OP wird das überschüssige Knochengewebe meistens hautschonend „weggebohrt“. Doch durch den lauten Bohrer und die entstehende Hitze kann es zu bleibenden Hörschäden kommen. Schonender ist eine OP-Technik mit feinen Meißeln, die der kalifornische HNO-Arzt Douglas Hetzler entwickelt hat. Deshalb reisen Surfer aus der ganzen Welt nach Santa Cruz, um sich in seiner Praxis behandeln zu lassen. Aber egal welche OP-Technik: Wichtig ist, dass der behandelnde Arzt die Operation schon viele Male durchgeführt hat. Denn das Risiko für Komplikationen sinkt mit der Erfahrung des Chirurgen.

Auch wenn alles gut geht, kannst du auf keinen Fall surfen bis der äußere Gehörgang abgeheilt ist.

Deshalb gilt: Vorbeugende Maßnahmen können dir jede Menge Ärger und wellenlose Monate ersparen.

Beim Surfen in kaltem Wasser wie hier in Frankreich steigt das Risiko für ein Surfers Ear.
In Frankreich haben sogar ca. 90% aller Surfer, die länger als 10 Jahre surfen, ein Surfers Ear.

Wie kannst du dem Surfers Ear vorbeugen?

Vorbeugung

Die Vorbeugung der Erkrankung ist besonders für Kaltwassersurfer wichtig.

Ohrenstöpsel

Eine spannende Studie aus Frankreich konnte zeigen, dass die Verwendung von Ohrenstöpseln vor dem Voranschreiten des Surfers Ear schützt (4). Deshalb sollten Kaltwasser-Surfer sich mit einem Ohrenschutz schützen. In kalten Lineups, z.B. in Irland und Dänemark, trifft man viele Surfer mit Ohrenstöpsel. Das führt nicht selten dazu, dass sich freundlich schreiend über die letzten Wellen unterhalten wird.

Wenn du einen geeigneten Ohrstöpsel trägst, kann das Eindringen von kaltem Wasser auf ein Minimum verringert werden. Dadurch kannst du das Risiko, an einem Surfer Ohr zu erkranken, senken.

Außerdem können Ohrenstöpsel bei einem harten Aufprall auf das Wasser vor einer Verletzung des Trommelfells schützen.

Es ist umstritten, ob ein Ohrenschutz auch Schaden an der empfindlichen Haut deines Gehörgangs anrichten kann. Sicherlich gibt es hier große Unterschiede zwischen den Produkten. Zu empfehlen sind individuell angepasste Modelle mit schonender Oberfläche, die dir zum Beispiel dein HNO-Arzt empfehlen kann.

Wetsuit Haube

Ein schonender Schutz ist das Tragen eines Wetsuits mit Haube. Die Haube schirmt kaltes Wasser und Wind gut ab. Zum Glück gibt es Wetsuits, die ab einer Stärke von 4/3mm mit Haube verfügbar sind. Allerdings kann dieser Schutz das kalte Ozeanwasser nicht immer vollständig von deinen äußeren Gehörgängen abhalten. Für die Schutzwirkung einer Wetsuit Haube gibt es daher im Gegensatz zu Ohrenstöpseln bisher keinen wissenschaftlichen Nachweis. Alternativ zur Haube kannst du auch über das Tragen eines Surfhelms nachdenken.

Ein Surfer läuft mit seinem Board durch einen Schneesturm. Vorbeugung und Früherkennung des Surfers Ear sind vor allem für Kaltwasser Surfer relevant.
Vorbeugung und Früherkennung des Surfers Ear sind vor allem für Kaltwasser Surfer relevant.
Bild: Johannes Hohls

Früherkennung

Du gehörst als Surfer zur Risikogruppe. Deshalb ist für dich die Früherkennung des Surfers Ear sehr wichtig. Denn die Erkrankung ist in einem frühen Stadium leichter zu behandeln und die Operation kann oft noch abgewendet werden. Wenn du häufig in kaltem Wasser surfst und das schon seit einigen Jahren oder wenn du häufig Ohrenschmerzen hast, solltest du unbedingt einen Termin bei einem HNO-Arzt vereinbaren. Der Facharzt kann dir genau sagen, wie es in deinem äußeren Gehörgang aussieht. Je nach Befund wird er Kontrolltermine mit dir vereinbaren, um dein Surfers Ear zu beobachten. Außerdem weißt du dann, ob du in Zukunft beim Surfen besonders vorsichtig sein musst, um einer drohenden OP zu entgehen.

Quellen:

  1. J.M. Chaplin et al, The prevalence of exostosis in the external auditory meatus of surfers, Clinical Otolaryngal & Allied Sciences, 1998
  2. DF Kroon et al, Surfer’s ear: external auditory exostoses are more prevalent in cold water surfers, Otolaryngol Head Neck Surg., 2002
  3. Y Umeda, Surfer’s ear in Japan, Laryngoscope, 1989
  4. C Lambert et al, Impact of ear protection on occurrence of exostosis in surfers: an observational prospective study of 242 ears, European Archives of Oto-Rhino-Laryngology, Dec 2021

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Dieser Beitrag behandelt ein Gesundheitsthema und dient allein der Informationsvermittlung. Er darf nicht zur Selbstdiagnose verwendet werden und ersetzt in keiner Weise die individuelle Diagnose und Therapieempfehlung durch einen Arzt. Bitte beachte auch den Gesundheits- und Rechtshinweis und suche bei Gesundheitsproblemen immer einen Arzt auf.

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