Kapstadt, bekannt für wunderschöne Strände, gute Wellen und Sehnsuchtsziel für viele deutsche Surferinnen und Surfer, steht derzeit vor einer Herausforderung: Tollwütige Seebären. Diese ungewöhnliche Situation hat bei Locals und Touristen gleichermaßen Besorgnis ausgelöst. In diesem Artikel erfährst du alles zur aktuellen Entwicklung, Hintergrundwissen zu der tödlichen Infektionskrankheit Tollwut und wie du dich schützen kannst.
Was passiert gerade in Kapstadt?
Seit Mai 2024 wurden mehrere Fälle von Tollwut bei Südafrikanischen Seebären (Arctocephalus pusillus) entlang der Küste von Kapstadt bestätigt. Der erste bestätigte Fall trat bei einer Robbe in Big Bay, Blouberg, auf, die positiv auf Tollwut getestet wurde. Seitdem sind weitere Fälle aufgetreten, darunter in Muizenberg und Strand. Insgesamt wurden bis Juli 2024 mindestens zwölf Fälle von Tollwut bei Seebären in der Region bestätigt.
Die Stadt Kapstadt und die Western Cape Veterinary Services haben als Reaktion auf diese Entwicklung umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um die Situation unter Kontrolle zu bringen und die Öffentlichkeit zu schützen. Dazu gehört die Einrichtung eines interdisziplinären Teams, das regelmäßig Proben nimmt und die Ausbreitung des Virus überwacht. Denn erstmal müssen die Expertinnen den Verlauf und das Ausmaß der Infektion verstehen.
Aggressives Verhalten der Seebären seit 2021
Bereits seit 2021 kommt es zunehmend zu untypischem Verhalten der Meeressäuger gegenüber Menschen. Vor allem Surferinnen und Surfer sahen sich seitdem mit einer neuen Gefahr konfrontiert: Aggressiven Seebären. Eher bekannt als Beutetiere der Weißen Haie, werden Seebären häufig unterschätzt. Zu Unrecht, denn Seebären sind Raubtiere, können leicht über zwei Meter lang werden und haben ein beeindruckendes Gebiss.
Bis vor kurzem konnte jedoch nicht geklärt werden, woher das aggressive Verhalten der Robben eigentlich kommt. Mit dem aktuellen Nachweis von Tollwut bei gleich mehreren Tieren entsteht ein unheimlicher Verdacht: Gibt es bereits seit längerem einen bisher unentdeckten Tollwut-Ausbruch? Immerhin kann Tollwut bei infizierten Säugetieren zu Angstverlust, Reizbarkeit und aggressivem Verhalten führen.
Das ungewöhnlich aggressive Verhalten der infizierten Seebären hat übrigens auch in der jüngeren Vergangenheit zu mehreren Angriffen auf Surfer geführt. Ein besonders besorgniserregender Vorfall ereignete sich im Mai 2024, als eine Robbe innerhalb weniger Minuten drei Surfer in Muizenberg biss.
Ursachen der Tollwut-Infektion bei Seebären
Die genaue Ursache der Tollwutinfektionen bei den Seebären ist noch unklar. Experten vermuten, dass die Robben durch Kontakt mit anderen infizierten Wildtieren, möglicherweise streunenden Hunden oder Schakalen, angesteckt wurden. Dies ist der erste bekannte größere Ausbruch von Tollwut bei Meeresäugetieren weltweit, was die Situation besonders ungewöhnlich macht.
Offizielle Warnungen und Empfehlungen
Die Behörden haben die Öffentlichkeit dringend aufgefordert, Abstand zu den Seebären zu halten, sowohl an Land als auch im Wasser. Falls jemand von einem Seebär gebissen wird, sollten demnach sofort medizinische Hilfe in Anspruch genommen und die zuständigen Behörden informiert werden (1).
Menschen, die häufig mit Seebären in Kontakt kommen, also auch Surferinnen und Surfer, werden explizit vor einem erhöhten Risiko gewarnt. Die Western Cape Department of Health and Wellness arbeitet eng mit dem National Institute of Communicable Diseases (NICD) zusammen, um die Öffentlichkeit zu informieren und weitere Maßnahmen zu koordinieren (2). Es hat bereits ein wissenschaftlicher Workshop zu diesem Thema mit Spezialisten für Seebären und für Tollwut stattgefunden (3).
Was ist Tollwut?
Tollwut ist eine durch Viren verursachte Krankheit, die das zentrale Nervensystem von Säugetieren, einschließlich Menschen, befällt. Diese Zoonose (= von Tieren übertragene Krankheit) wird hauptsächlich durch den Biss infizierter Tiere übertragen. Zum größten Teil erfolgt die Übertragung durch Hunde, selten durch Füchse und Fledermäuse. Das Virus gelangt über den Speichel infizierter Tiere in den Körper und wandert über die Nervenbahnen ins Gehirn, wo es schwere Entzündungen verursacht. Sobald die ersten Symptome wie Lähmungen, Krämpfe, Lichtscheu und Hydrophobie auftreten, verläuft die Krankheit fast immer tödlich.
Jährlich sterben mindestens 60 000 Menschen an Tollwut, vor allem in ärmeren Regionen der Welt. Besonders tragisch: Mehr als die Hälfte der Todesfälle sind Kinder.
Wie verläuft Tollwut?
Der Verlauf von Tollwut beginnt meist mit unspezifischen Symptomen wie Fieber, Kopfschmerzen und Unwohlsein, die innerhalb weniger Tage zu schweren neurologischen Symptomen eskalieren. Dazu gehören Angstzustände, Verwirrtheit, Halluzinationen, Lähmungen und Krämpfe. Hydrophobie (Angst vor Wasser) und Aerophobie (Angst vor Luftzügen) sind charakteristische Symptome in fortgeschrittenen Stadien. Ohne sofortige Behandlung nach der Exposition führt Tollwut fast immer zum Tod.
Eine frühzeitige Behandlung nach dem Biss kann eine Erkrankung verhindern.
Kann Tollwut von Seebären auf Surferinnen und Surfer übertragen werden?
Vermutlich kann Tollwut durch den Biss eines infizierten Seebären auf Menschen übertragen werden. Da es nach den Bissen durch Seebären bisher noch zu keinem bekannten Fall von Tollwut bei Menschen gekommen ist, mutmaßen manche Forschenden, dass der Salzgehalt im Speichel der Seebären das Infektionsrisiko verringert – aktuell ist darüber allerdings noch zu wenig bekannt.
Wie kann man sich vor Tollwut schützen?
Der beste Schutz vor Tollwut ist eine vorbeugende Impfung, besonders für Reisende, die sich in Risikogebieten aufhalten und Aktivitäten mit einem erhöhten Risiko ausüben. Im Licht der aktuellen Entwicklung gehören Surferinnen und Surfer in Südafrika zu dieser Gruppe. Für einen vollständigen Impfschutz empfiehlt die Ständige Impfkomission (STIKO) Reisenden drei Impfungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält zwei Impfungen für ausreichend (3).
Die Impfungen selbst schützen allerdings nicht sicher vor einer Infektion, sondern bereiten das Immunsystem lediglich auf eine sogenannte Booster-Fähigkeit vor. Das heißt: Nach einem Biss sind trotz Grundimmunisierung zwei Impfungen notwendig, um das Immunsystem zu „aktivieren“.
Wie sollte man sich nach einem Biss verhalten?
Nach einem Biss von einem potenziell tollwütigen Tier sollte man die Wunde sofort gründlich mit Wasser und Seife auswaschen.
Anschließend sollte man umgehend medizinische Hilfe aufsuchen – nicht zuletzt, da auch „normale“ Wundinfektionen nach Tierbissen häufig sind und deshalb meist eine erneute professionelle Wundreinigung und die vorbeugende Einnahme eines Antibiotikums sinnvoll sind.
Die Ärztin oder der Arzt kann dann die Notwendigkeit und Art einer vorbeugenden Behandlung gegen Tollwut nach einem Biss beurteilen (Post-Expositions-Prophylaxe). Diese vorbeugende Behandlung umfasst bei Bissverletzungen durch potenziell tollwütige Tiere immer eine Serie von zwei bis fünf (je nach Impfstatus) Tollwut-Impfungen und bei nicht ausreichend geimpften Menschen zusätzlich die Verabreichung von Tollwut-Antikörpern. Tollwut-Antikörper sind in vielen Ländern nicht verfügbar, weshalb ein vollständiger Impfschutz wichtig ist (4).
Zusammenfassung
Als Surferin oder Surfer mit Reiseziel Kapstadt solltest du die aktuelle Tollwutgefahr durch infizierte Seebären vorerst ernst nehmen und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ergreifen:
- Vor der Reise:
- Impfung auffrischen: Wenn du einen Surftrip nach Kapstadt planst, solltest du deinen Tollwut-Impfstatus überprüfen lassen. Die Impfung besteht aus drei Dosen, die innerhalb von 28 Tagen verabreicht werden. Diese Grundimmunisierung ist für Reisende ohnehin sinnvoll und im Licht der aktuellen Situation für Surfende besonders wichtig. Nach neueren Empfehlungen, z.B. der WHO, sind auch zwei Impfungen ausreichend.
- Informieren: Bleib auf dem Laufenden über die aktuelle Situation in Kapstadt, sprich mit Locals und überprüfe regelmäßig die Hinweise der lokalen Gesundheitsbehörden.
- Während der Reise:
- Abstand halten: Vermeide den Kontakt mit Seebären, sowohl an Land als auch im Wasser – auch zum Schutz der Tiere. Sei besonders wachsam in Gebieten, in denen bereits Tollwutfälle gemeldet wurden.
- Verhalten beobachten: Achte auf Anzeichen von untypischem oder aggressivem Verhalten bei Seebären und halte dich von diesen Robben fern.
- Nach einem Biss:
- Wunde sofort reinigen: Wasch die Bisswunde gründlich für mehrere Minuten mit Wasser und Seife aus.
- Medizinische Hilfe aufsuchen: Suche sofort einen Arzt auf, um eine Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) zu erhalten. Diese umfasst eine Serie von Impfungen und gegebenenfalls die Verabreichung von Tollwut-Immunglobulin.
- Behörden informieren: Melde den Vorfall den lokalen Gesundheitsbehörden, um diesen die Veranlassung weiterer Maßnahmen zu ermöglichen.
Quellen
1) National Sea Rescue Institute, Rabies outbreak: City of Cape Town urges public to stay away from seals, 07.06.2024, letzter Zugriff 05.08.2024
2) Western Cape Government, Alert on rabies risk along the Western Cape coast: be cautious, 27.06.2024, letzter Zugriff 05.08.2024
3) Capetown Government, Outcome of Expert Cape Fur Seal workshop on unprovoked seal aggression, letzter Zugriff 07.09.2024
4) Epidemiologisches Bulletin 14/24, Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e. V. (DTG) zu Reiseimpfungen, 4. April 2024, Seite 82 ff
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