Eine Verletzung kann das vorzeitige Ende deines Surftrips bedeuten oder sogar noch ernstere Folgen haben. Doch zum Glück sind Verletzungen beim Surfen im Vergleich zu anderen Sportarten selten. In diesem Beitrag erfährst du, wie du dein Risiko für Verletzungen verringern kannst und was du als Surfer sonst noch über Verletzungen beim Surfen wissen solltest.
Wie häufig sind Verletzungen beim Surfen?
Das Team um den australischen Forscher James Furness konnte in einer großen Befragung eine Rate von 1,8 größeren Verletzungen je 1000 gesurfter Stunden feststellen (1). Größere Verletzungen sind dabei so definiert, dass eine mindestens eintägige Surf- oder Arbeitspause eingelegt werden musste oder medizinische Hilfe aufgesucht wurde.
Einen ähnlichen Wert ermittelte eine weitere Studie: Freizeitsurfer müssen mit 3,5 größeren Verletzungen je 1000 Surf-Tage rechnen (2). Das entspricht dem erfreulich geringen Wert von einer Verletzung alle 41 Surf-Wochen.
Profi-Surfer haben mit 4 größeren Verletzungen je 1000 Surf-Tage eine etwas erhöhte Verletzungsrate (3). Und beim Contest-Surfen kommt es sogar zu 6,6 größeren Verletzungen je 1000 Stunden. Das entspricht 5,7 Verletzungen je 1000 Heats. Zum Vergleich: Beim Profi-Fußball liegt die Rate mit 18 größeren Verletzungen je 1000 Spielstunden deutlich höher.
Bei Surf-Contests in Pipeline liegt die Verletzungsrate jedoch sogar bei 32 größeren Verletzungen je 1000 Stunden! (4)
Du siehst: Im Vergleich zu anderen Sportarten sind Verletzungen beim Surfen sehr selten. Es gibt jedoch Einflüsse, die das Risiko für Verletzungen erhöhen können. Welche das sind, erfährst du im nächsten Abschnitt.
Was erhöht das Risiko für Verletzungen beim Surfen?
Das Risiko für Verletzungen steigt einer Studie zufolge jeweils um mehr als doppelte, wenn die Wellen größer als kopfhoch sind oder über hartem Untergrund brechen (4). Dieser Zusammenhang verwundert nicht. Denn große Wellen entfalten mehr Kraft und können dich und dein Board unkontrolliert herumschleudern. Und dass der unfreiwillige Kontakt mit Felsen schmerzhafter ist als mit Sand, kennen die meisten Surfer nur zu gut.
Überraschender ist jedoch dieser Zusammenhang: Das Risiko für Surfverletzungen steigt mehreren Studien zufolge mit zunehmender Surf Erfahrung deutlich an. Surfer, die sich selbst als „experts“ bezeichnen, haben sogar fast ein doppelt so hohes Risiko wie durchschnittliche Surfer. Außerdem scheint das Verletzungsrisiko mit zunehmendem Alter zu steigen (5, 6).
Welche Verletzungen gibt es beim Surfen?
Die häufigsten Verletzungen bei Surfern sind Verletzungen der Haut. Sie machen ungefähr die Hälfte aller Verletzungen aus. Dazu gehören Schnitt- und Schürfwunden, Blutergüsse und Quetschungen. Die meisten dieser Verletzungen sind zum Glück nicht schwerwiegend. Doch im Salzwasser heilen Wunden schlecht und haben ein erhöhtes Risiko sich zu infizieren. Daher kann auch eine ansonsten ungefährliche Wunde ohne die richtige Behandlung den Surftrip gefährden.
Auf den zweiten Platz schaffen es Verletzungen der Muskulatur, Sehnen und Bänder. Sie machen ca. ein Viertel aller Verletzungen aus. Zu diesen Verletzungen gehören auch langwierige Verletzungen wie Bänderrisse im Bereich der Sprunggelenke.
Knochenbrüche machen nur ungefähr ein Zehntel aller Surfverletzungen aus. Gelenkverletzungen sind mit ca. 7% noch seltener.
Selten und trotzdem relevant: Gehirnerschütterungen machen lediglich 2 % aller Surfverletzungen aus, können jedoch weitreichende Konsequenzen haben. Mehr erfährst du im Beitrag „Gehirnerschütterung beim Surfen“.
Zu sehr seltenen Verletzungen beim Surfen gehören Verletzungen von Nerven, Zähnen, Trommelfell und inneren Organen (7).
Welche Körperteile sind besonders häufig von Surfverletzungen betroffen?
Am häufigsten verletzen sich Surfer im Bereich des Kopfes und Gesichts und im Bereich der Beine und Füße. Jeweils ein Drittel aller Surfverletzungen betreffen dabei den Kopf und das Gesicht und ein weiteres Drittel betreffen die Beine und Füße.
Die Arme und Hände sind etwa halb so oft betroffen, also in ca. 17 % aller Surfverletzungen. Deutlich seltener verletzen sich Surfer am Rumpf (ca. 10%) und an der Wirbelsäule (ca. 4-5%) (7).
Wie kommt es zu Verletzungen beim Surfen?
Beim Surfen muss zwischen unfallbedingten Verletzungen und überbelastungsbedingten Beschwerden unterschieden werden.
Unfallbedingte Verletzungen beim Surfen
Unfallbedingte Verletzungen beim Surfen werden mit Abstand am häufigsten durch das eigene Board verursacht. Laut einer systematischen Übersichtsarbeit von McArthur et al ist das eigene Brett sogar in fast 40% der Fälle der Übeltäter. Dabei sind die Finnen der gefährlichste Teil deines Surfboards.
Den zweiten Platz teilen sich Verletzungen, die durch die Energie einer herankommenden Welle oder beim Fahren eines Manövers entstehen und Verletzungen, die durch einen direkten Aufprall auf die Wasseroberfläche oder den Meeresboden entstehen. Diese Verletzungstypen machen jeweils ungefähr ein Fünftel aller Surfverletzungen aus.
Eine Gefahr wird im Allgemeinen überschätzt: Nur gut 6 % aller Surfverletzungen entstehen durch Kontakt mit einem anderen Surfer oder dessen Board.
Das ist trotzdem noch doppelt soviel wie Verletzungen durch gefährliche Meerestiere – Seeigel, Qualle, Petermännchen und andere Stachelfreunde verursachen 3 % aller unfallbedingten Surfverletzungen (7).
Überlastungsbedingte Beschwerden beim Surfen
Etwa die Hälfte der Zeit verbringen Surfer mit dem Paddeln (8, 9).
Das macht Surfen zu einer sogenannten Überkopf-Sportart. Da ist es kein Wunder, dass es zu überlastungsbedingten Beschwerden kommen kann. Am häufigsten sind von den chronischen Beschwerden die Schultern betroffen, gefolgt vom unteren Rücken (10).
Die Häufigkeit von Schulterschmerzen bei Surfern wird in einer aktuellen Übersichtsarbeit sogar mit 10-27% angegeben (11).
Die gute Nachricht: Durch ein angepasstes Training kann Schulter- und Rückenschmerzen beim Surfen vorgebeugt werden. Und auch bestehende Schmerzen können meistens ohne Operation durch gezielte Trainingstherapie behandelt werden. Dem spannenden Thema Schulterschmerzen beim Surfen werde ich einen eigenen Beitrag widmen.
Selten, aber gefährlich: Bei Surf-Anfängern kann es durch die überstreckte Haltung auf dem Surfboard plötzlich zu Lähmungen kommen. Diese Krankheit wird als Surfer Myelopathie bezeichnet. Mehr über diese Krankheit erfährst du im Beitrag zur „Surfer Myelopathie„.
Besonderheiten bei Profi-Surfern
Profi-Surfer haben ein höheres Verletzungsrisiko als Freizeit-Surfer. Außerdem steigt das Risiko während des Contests zusätzlich an.
Eine spannende Studie aus Neuseeland konnte zeigen, dass Profi-Surfer insbesondere häufiger Verletzungen im Bereich des Nackens, der Schultern, des Rückens und der Knie erleiden. Außerdem erleiden der Studie zufolge Surfer, die Airs durchführen, häufiger Knieverletzungen (6). Denn bei der Landung eines Airs wirken starke Kräfte auf das Kniegelenk – kombiniert mit einem sehr instabilen Untergrund entstehen gefährliche Bedingungen für Knieverletzungen.
Nicht zu vergessen: Surf-Pros verbringen viel mehr Zeit im Wasser. Ohne ausgleichendes Training steigt so das Risiko für ein muskuläres Ungleichgewicht und Überlastungsschäden.
Die Kunst des Wipeouts
Wipeouts gehören zum Surfen dazu. Doch mit der richtigen Technik kannst du dein Risiko für Verletzungen reduzieren und Wipeouts sogar genießen.
Weil das eigene Board die größte Gefahr ist, solltest du möglichst hinter oder neben dein Brett fallen. Wenn du Zeit hast, versuch ein tiefen Atemzug zu nehmen. Den Kopf und das Gesicht kannst du schützen, indem du Arme und Hände über dem Kopf kreuzt. Während du herumgewirbelt wirst hilft es, dich zu entspannen. Denn wenn du wild in Richtung Oberfläche paddelst verbraucht dein Körper extrem viel Sauerstoff – und den benötigst du gleich, um wieder ins Lineup zu paddeln.
Beim Wipeout in flachem Wasser solltest du möglichst flach fallen, um den Polster-Effekt des Wassers zu nutzen. Den Seestern kannst du vorwärts oder rückwärts machen – am besten auf bereits gebrochenes Weisswasser.
Besonders brenzlig ist das Wipeout in der Barrel. Häufig ist der beste Weg ein Sprung nach vorne, um vor dein Board zu kommen. Im Idealfall kannst du so unter der Welle hindurch tauchen und unbeschadet auf der Seite wieder auftauchen. Alternativ kannst du dich nach hinten fallen lassen und das Brett vor dich stoßen.
Wie kann man Verletzungen beim Surfen vorbeugen?
Neopren und Helm
Die meisten Verletzungen beim Surfen sind Verletzungen der Haut und treten besonders häufig im Kopfbereich und im Bereich der Beine und Füße auf.
Eine dicke Schicht Neopren kann dich vor vielen dieser Verletzungen schützen. In Coldwater Regionen tragen ohnehin viele Surfer ganzjährig Neo-Haube und Neo-Boots. Daher ist es nicht überraschend, dass in einer norwegischen Studie Schnittverletzungen mit 30 % aller Surfverletzungen deutlich unter dem Durchschnitt von 40 % liegen (12). Die Mehrzahl der anderen Studien zu Verletzungen beim Surfen wurden nämlich mit sonnenverwöhnten Surfern in Australien und Brasilien durchgeführt. Übrigens: Eine Unterkühlung kann die Gefahr für Verletzungen beim Surfen erhöhen. Mehr zum Thema Unterkühlung erfährst du in meinen Beitrag zum Frieren beim Surfen.
In tropischen Gewässern ist ein Wetsuit wegen der Gefahr eines Hitzschlags jedoch keine Option – hier können Reefboots immerhin deine Füße schützen.
Einen guten Schutz bieten außerdem Surf Helme. Während sich Helme in anderen Extremsportarten durchsetzen konnten, sieht man nach wie vor kaum Helme im Lineup. Dabei kann ein Helm nicht nur vor oberflächlichen Verletzungen schützen. Denn ein Helm bietet auch Schutz vor einer Gehirnerschütterung, schädlicher Sonneneinstrahlung, dem Surfer’s Ear und sogar dem Ertrinken. Alles zu diesem Thema und einen Surfhelm-Test gibt es im Beitrag Surfen mit Helm.
Sicheres Surfboard
Die meisten Verletzungen beim Surfen werden durch das eigene Surfboard verursacht. Da macht es nur Sinn, das eigene Brett zu „entschärfen“. Natürlich sollte die Performance darunter nicht leiden.
3 Tipps, um Surfboards sicherer zu machen:
- Fin Cuts sind die häufigste Verletzung beim Surfen. Du kannst deine Finnen mit feinem Sandpapier auf eine Dicke von 2 mm schmirgeln, um schwere Verletzungen zu vermeiden.
- Du kannst ein Surfboard mit einer abgerundeten Nose verwenden. Die Surfrider Foundation Australia empfiehlt eine „Dolphin“ Nose mit einem minimalen Radius von 37 mm.
- Eine lange Leash hilft, Verletzungen durch ein zurückschnellendes Board zu verhindern. Am besten mit einem Quick-Release Mechanismus.
Anfänger und Surfer, die sich in Shorebreaks werfen, können ihr Verletzungsrisiko durch die Verwendung von Softtops und weichen Finnen verringern.
„Know before you go“
Das Verletzungsrisiko beim Surfen hängt sehr stark vom Spot und den aktuellen Bedingungen ab. Daher solltest du in der Lage sein, das Risiko realistisch abzuschätzen.
Dank Surfforecasts ist es nicht sehr kompliziert brauchbare Infos über potentielle Gefahren im Vorfeld zu recherchieren. Ein gründlicher Spotcheck sollte trotzdem nicht fehlen. Dabei gilt: Je länger die Wellenperiode und je größer die Wellen, desto mehr Zeit solltest du dir nehmen.
Locals haben meistens die besten und vor allem aktuellsten Informationen – ins Gespräch zu kommen sorgt auch für eine bessere Stimmung im Lineup. Bei Surftrips „off the beaten track“, empfiehlt es sich, einen neuen Spot vor dem ersten Surf einmal bei Low Tide zu sehen. Denn häufig kannst du nur dann Gefahren am Meeresgrund sehen.
Aufwärmen und Training
Ein gutes Aufwärmprogramm sollte deinen Kreislauf in Schwung bringen und die Muskulatur, dein Gehirn und die Koordination aktivieren. So kannst du in brenzligen Situationen schneller richtig reagieren und das Risiko für Verletzungen beim Surfen verringern.
Vor dem Surftrip kann ein gezieltes Trainingsprogramm für Surfer dabei helfen, muskuläre Ungleichgewichte auszugleichen oder diesen vorzubeugen. Gezielte Dehnübungen während des Surftrips können Muskelverkürzungen auflösen und einen flüssigen Bewegungsablauf sicherstellen. Da die meisten chronischen Beschwerden beim Surfen durch muskuläre Ungleichgewichte hervorgerufen werden, kannst du so überlastungsbedingten Beschwerden vorbeugen. Surfer, die Airs oder andere radikale Manöver durchführen, sollten zusätzlich Zeit in gelenkstabilisierende Übungen investieren.
In kommenden Beiträgen werde ich genauer auf diese Themen eingehen.
Quellen
2 Lowdon B et al. Surfboard-riding Injuries. Med J Aust. 1983
3 Lowdon B et al. Injuries to international competitive surfboard riders. J Sports Med. 1987
5 Nathanson A et al. Surfing injuries. Am J Emerg Med. 2002
9 Farley ORL et al. Workloads of competitive surfing. J Strength Cond Res. 2018
12 Ulkestad, G.-E. et al. Surfing Injuries in Norwegian Arctic Waters. Open Sports Sci. J. 2016
Dieser Beitrag behandelt ein Gesundheitsthema und dient allein der Informationsvermittlung. Er darf nicht zur Selbstdiagnose verwendet werden und ersetzt in keiner Weise die individuelle Diagnose und Therapieempfehlung durch einen Arzt. Bitte beachte auch den Gesundheits- und Rechtshinweis und suche bei Gesundheitsproblemen immer einen Arzt auf.