Surfen ist gesund. Das spüren wir nach einem langen Tag im Ozean oder nach einem Surftrip. Doch welche positiven Auswirkungen hat Surfen aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht auf unsere Gesundheit? In diesem Beitrag habe ich einige Beispiele für die gesundheitsfördernde Wirkung des Wellenreitens zusammengefasst.
Surfen ist gesund für das Herz-Kreislauf-System
Längst ist bekannt, dass Ausdauersport unsere Gesundheit kurzfristig und langfristig verbessert.
Surfen trainiert sowohl die Langzeit-Ausdauer als auch die Kurzzeit-Ausdauer. Beides hat Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit von Herz, Lunge und Gefäßsystem.
Kurz- und mittelfristig kannst du so deine Leistungsfähigkeit im Alltag und bei anderen Sportarten verbessern.
Langfristig kann Ausdauertraining nachweislich Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall und vielen weiteren Krankheiten vorbeugen.
Surfen ist gut für die Haltung
Die meisten von uns arbeiten hauptsächlich im Sitzen. Die Folge: Eine schwache Rumpfmuskulatur und ein in sich zusammenfallender Körper.
Diese Haltungsschwäche kann das Surfen ausgleichen. Denn durch das Paddeln wird die Muskelausdauer im Bereich des Rumpfs und des Schultergürtels verbessert. Eine bessere Rumpfstabilisierung und eine aufrechte Haltung können vor Schmerzen schützen und die Atmung erleichtern.
Allerdings sollten Surfer*innen darauf achten, muskulären Ungleichgewichten und Fehlhaltungen durch ein ergänzendes Training entgegenzuwirken. Sonst drohen Schulterschmerzen und Rückenschmerzen. Dazu gehören bei vielen Menschen ein gezieltes Training der Außenrotations-Muskeln der Schulter und der Muskulatur um das Schulterblatt, der Rückenstrecker im Bereich der Brustwirbelsäule und der vorderen Rumpfmuskulatur. Begleitend sind häufig Dehnübungen für verkürzte Muskelgruppen sinnvoll.
Ist Surfen gesund für den Rücken?
Hier ist Surfen ein zweischneidiges Schwert.
Einerseits kräftigt Surfen die Rumpfmuskulatur und insbesondere die Rückenstrecker. Andererseits neigen wir bei guten Wellen zu exzessivem Surfen und vernachlässigen sowohl die Dehnung der Rückenstrecker als auch ein Training der vorderen Bauchmuskulatur. Dies kann zu einer akuten oder chronischen Überlastung des Rückens und zu einer ausgeprägten Fehlhaltung führen (Hohlkreuz).
Kein Wunder also, dass Rückenschmerzen zu den häufigsten Beschwerden bei Surfer*innen zählen. Wer viel surft sollte unbedingt darauf achten, sich regelmäßig zu dehnen und auch die vordere Rumpfmuskulatur zu trainieren, um einer Fehlhaltung entgegen zu wirken.
Surfen ist gut für den Gleichgewichtssinn
Kaum eine Sportart erfordert so viel Gleichgewichtssinn und Koordination wie das Wellenreiten.
Wir balancieren mit unseren Füßen auf einem wackligen Surfboard, während wir mit viel Speed Wellenwände entlang gleiten, die sich ständig verändern. Diese Beschäftigung trainiert hervorragend unser Lageempfinden im Raum, unsere Reaktionsgeschwindigkeit, die Gelenkstabilität und die Zehenkraft.
Solche Skills sind nicht nur vorteilhaft bei anderen Sportarten und im Alltag, sondern schützen uns im höheren Alter vor Stürzen. Und das ist wirklich wichtig, denn Stürze im höheren Alter können zu Knochenbrüchen mit katastrophalen Folgen führen. Beispiel: Die 1-Jahres-Sterblichkeit nach einer Hüftfraktur liegt bei ca. 20%.
Surfen ist gesund für den Schlaf
Es gibt kaum etwas, das so wichtig für unsere Gesundheit ist wie Schlaf. Und Surfen hilft, besser zu schlafen. Doch woran liegt es eigentlich, dass man nach einem langen Tag in den Wellen so gut schläfst?
Um das zu verstehen, sind ein paar Basics über den Schlaf-Wach-Rhythmus wichtig.
Wir Menschen haben eine „Innere Uhr“. Diese Uhr wird durch einen Taktgeber tief im Gehirn bestimmt, der über Hormone und das Nervensystem unsere Wachheit steuert. Nur wenn die „Innere Uhr“ einwandfrei tickt sind wir morgens wach und energiegeladen und können abends gut einschlafen. Eigentlich ein großartiges System, doch leider etwas störanfällig. Denn Wissenschaftler haben herausgefunden, dass der Taktgeber im Gehirn nicht genau alle 24-Stunden einen neuen Tageszyklus einläutet, sondern zeitversetzt. Daher muss die „Innere Uhr“ laufend kalibriert werden, um sich nicht zu verstellen. Für diese Kalibrierung hat sich die Natur einen cleveren Hauptauslöser einfallen lassen: Sonnenlicht, das in den ersten Stunden des Tages in unsere Augen fällt. In unserer modernen Arbeitswelt fehlt dieser Auslöser jedoch häufig und die „Innere Uhr“ verstellt sich. Kein Wunder, dass viele Menschen mit Tagesmüdigkeit und Schlafproblemen zu kämpfen haben.
Praktisch für Surfer*innen, dass die besten Surfbedingungen häufig auf die Morgenstunden fallen und an den meisten Surf-Destinationen viel die Sonne scheint.
Weitere wichtige Faktoren für eine gut funktionierende „Innere Uhr“ sind Bewegung und eine sehr regelmäßige Aufstehzeit – auch davon profitieren viele Surfer*innen.
Surfen und Vitamin-D
Vitamin-D ist essenziell für einen gesunden Knochen- und Hormonstoffwechsel. Studien zeigen außerdem weitere positive Effekte auf die Gesundheit. Diesbezüglich besteht allerdings noch ein großer Forschungsbedarf.
In der Regel bildet der Körper in der Haut 80 % bis 90 % des Vitamins selbst – mithilfe von Sonnenlicht, genauer UV-B-Strahlung. Dabei ist ein Aufenthalt im Freien nötig. Da wir uns in der modernen Arbeitswelt hauptsächlich in Innenräumen aufhalten, sind viele Menschen in Deutschland, vor allem im Winter, von einem Vitamin-D Mangel betroffen.
Surfer*innen leiden vermutlich seltener unter einem Vitamin-D Mangel. Denn wir sind der Sonne ausgesetzt, sodass wir unsere Vitamin-D Speicher wieder auffüllen können. Dabei reicht die Sonneneinstrahlung im Bereich von Gesicht und Händen meistens schon völlig aus. Ein zu hoher Vitamin-D Spiegel kann auf diese Weise nicht entstehen.
Allerdings sollten Surfer*innen beachten, dass die UV-Strahlung nicht nur positive Effekte hat. Denn durch viel Sonneneinstrahlung können Hautschäden bis hin zum schwarzen Hautkrebs begünstigt werden.
Übrigens: Wer sicher gehen möchte, ob genug Vitamin-D im Körper ist, kann den Vitamin-D Spiegel im Blut bestimmen lassen. Denn trotz gelegentlicher Surftrips kann ein Vitamin-D Mangel vorliegen. Die Einnahme von Vitamin-D über Nahrungsergänzungsmitteln ohne vorherige Bestimmung des Vitamin-D Spiegels wird nicht empfohlen, da ein zu hoher Vitamin-D Spiegel gesundheitsschädlich werden kann.
Surfen ist gesund für die Psyche
Mehr und mehr Studien zeigen eine Wirksamkeit von Surftherapie bei Depression. Vermutet wird von einigen Autoren der Zusammenhang mit einer gesteigerten Spiritualität und Verbundenheit bei Surfenden. Außerdem verhilft uns das Surfen immer wieder zu meditativen Zuständen, in denen unsere Wahrnehmung ganz im Moment ist. Gelegentlich kommen wir auch in einen Zustand des „Flows“. Und wer kennt nicht das Gefühl, dass der Ozean zumindest für einige Zeit alle Sorgen wegzuspülen scheint?
Auf neurobiologischer Ebene könnten erhöhte Dopamin- und Serotonin-Level eine Rolle spielen – auch eine Erklärung für den hohen Suchtfaktor des Surfens.
Fazit
Surfen ist nicht nur der spannendste und schönste Sport der Welt, sondern auch sehr gesund für Körper und Seele. Das spüren wir am Ende eines langen Tags im Ozean und es gibt medizinisch-wissenschaftliche Erklärungen für die gesundheitsfördernde Wirkung. Um bis ins höhere Lebensalter beschwerdefrei surfen zu können, sollten wir uns aber auch der Risiken des Sports bewusst sein und aktiv Problemen vorbeugen.
Quellen
Langenberg LC et al, The Surfer’s Shoulder: A Systematic Review of Current Literature and Potential Pathophysiological Explanations of Chronic Shoulder Complaints in Wave Surfers. Sports Med Open. 2021 Jan
Amrhein et al, The effects of an ocean surfing course intervention on spirituality and depression, thesportjournal.org 09/2021
Walter KH, Otis NP, Ray TN, Glassman LH, Beltran JL, Kobayashi Elliott KT, Michalewicz-Kragh B. A randomized controlled trial of surf and hike therapy for U.S. active duty service members with major depressive disorder. BMC Psychiatry. 2023 Feb 17;23(1):109.
Levin, B. J., & Taylor, J. (2011). Depression, Anxiety, and Coping in Surfers. Journal of Clinical Sport Psychology, 5(2), 148–165.
Amrhein, M., Barkhoff, H., & Heiby, E. (2016). Spirituality, depression, and anxiety among ocean surfers. Journal of Clinical Sport Psychology, 10, 155 -171.
Dieser Beitrag behandelt ein Gesundheitsthema und dient allein der Informationsvermittlung. Er darf nicht zur Selbstdiagnose verwendet werden und ersetzt in keiner Weise die individuelle Diagnose und Therapieempfehlung durch eine Ärztin oder einen Arzt. Bitte beachte auch den Gesundheits- und Rechtshinweis und suche bei Gesundheitsproblemen immer eine Ärztin oder einen Arzt auf.